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Samstag, 21. September 2024

FK Partizani - KF Tirana

Ursprünglich war für den diesjährigen Urlaub mit Kanada und den USA was größeres geplant. Leider sollte es am Ende aus Gründen nicht sein und der gebuchte Flieger hob ohne uns ab. Fußball, die Routen und somit den Urlaub konnte man dort gut planen, da alles zeitig terminiert war. Das ist bei der Alternative Balkan anders. Ich will eigentlich nicht meckern, weil es unsere Generation mit diesem Internet schon deutlich besser hat, als die alten Hasen früher. Aber nervig ist es doch, dass bis kurz vor knapp vieles unklar ist. Die eingesparten Urlaubstage wurde auf Arbeit so malocht, dass am Donnerstag morgen die Wochenarbeitszeit erreicht war. Den Freitag konnte ich somit zu Hause für die Planung der gekürzten Urlaubsfassung verbringen. Bisher stand mir der Kopf eh net danach, aber es passte auch einfach alles nicht zusammen. Ende gut, alles gut und so wurden die Flüge wie alles weitere eben erst einen Tag vor Abflug gebucht. Das geplante Sarajevo Derby war fünf Tage vor Anpfiff aber noch immer nicht terminiert und die Gefahr es zu verpassen bestand natürlich. Die teuren Parkplätze am FRA wurden umgangen und kostenneutral in Hattersheim am Bahnhof geparkt. 18 Minuten im Bus überlebe selbst ich. Erstmal ging es von Frankfurt nach Tirana, denn in Albaniens Hauptstadt stand ebenfalls das Derby auf dem Speiseplan.

21.09.24 16:00 Rot Weiß - Weiß Blau, Stadiumi Kamza, 24 Zuschauer

Irgendwas zwischen einer halben und einer Millionen Einwohner leben in Tirana und konnten heute das schöne Wetter genießen. Die Vorspeise zum Derby genossen aber nicht alle Tiranesi (ich nenne die jetzt einfach mal so). Im Grunde war dieses Spiel das wichtigste der Tour, weil der lang ersehnte Länderpunkt in diesem Jahr, aber natürlich auch das uninteressanteste. Das Stadion in Tiranas Vorort Kamëz fand ich auf Fotos aber ganz nett und interessant. Natürlich auch oder hauptsächlich wegen des Panoramas mit der Moschee und den Bergen im Hintergrund, aber der Ausbau passt auch. Laut Europlan soll der Zweitligist KS Kastrioti Krujë hier spielen. Zuerst stand nur eine Mannschaft in Rot auf dem Platz und ein pünktlicher Anstoß war nicht drin. Egal, solange der Ball rollt. Irgendwann kamen aber auch die Weißen aus der Kabine und 12 Minuten verspätet konnte angepfiffen werden. Vielleicht haben sich die Spieler noch Allahs Beistand geholt, denn kurz vorher erklangen die Rufe des Muezzin aus der Moschee. Ich war verwirrt und bildete mir schnell ein, ein anderes Spiel als das anvisierte zu sehen. Mir ist natürlich bewusst, dass die zweite albanische Liga nicht mit der 2. Bundesliga vergleichbar ist, aber etwas mehr als 15 erwachsene Zuschauer hätte ich dort schon erwartet. Spielerisch hätte ich das vom Gefühl her auf Regional- oder Oberliga Niveau angesiedelt, aber ich bin sicher dass mein in der Kreisoberliga spielender Heimatverein hier gut hätte mithalten können. Die offiziellen Linienrichter ließen allerdings schon auf ein professionelles Spiel schließen. Ich hab auf jeden Fall ein Spiel gesehen, bei dem Tore durch grobe Schnitzer der Schnapper zustande kamen. Bei nem direkt verwandelten Freistoß war der Schlussmann einfach nicht motiviert genug sich zu bewegen. Der Patient gegenüber sah bei einem schwachen Schuss ebenfalls nicht gut aus und machte keine Anstalten zum Ball zu gehen. Dann bekam er einen Kullerball nicht unter Kontrolle und ließ ihn irgendwie unter sich durch ins Tor trudeln. Alter Schwede. Das war richtig schlecht und er patzte noch ein weiteres Mal. Mitgezählt? Allein das war schon ein Treffer zu viel. Krujë hat nämlich 2:1 gewonnen und die Spielminuten der Tore passen auch überhaupt nicht. Kurios. KS Kamza, die hier mal spielten gibt es wohl nicht mehr und KF Bulqiza, die in der Nähe kicken waren es auch nicht. Die albanische Verbandsseite könnte helfen, ist an den entsprechenden Stellen aber das letzte Mal aktualisiert worden, als der HSV noch in der ersten Liga spielte. Vielleicht antworten sie mir ja noch auf meine Frage. Da aber irgendein Spiel stattfand, zählt der Ground auf jeden Fall. Zwischendrin kam ein kleiner Junge zu mir und fragte, woher ich komme. Auf meine ehrliche Antwort bekam ich den albanischen Adler gezeigt und ein „Scheiße Deutschland“, was er mehrfach wiederholte. Vielleicht weniger rauchen, scheinbar schadet das dem Gehirn im Alter von 10 Jahren oder so doch etwas. Für sachdienliche Hinweise zum Spiel oder dem Verein, der im Stadiumi Kamza spielt, wäre ich sehr dankbar. Ansonsten ist Aktenzeichen XY die letzte Hoffnung.




21.09.24 20:00 FK Partizani Tirana - KF Tirana 0:0, Air Albania Stadium, Kategoria Superiore, 11.800 Zuschauer

Durch die unschöne Vorstadt mit jeder Menge Müll überall ging es durch nervig dichten Verkehr ins Zentrum, wo mein B&B wartete. Die Parkplatzsituation war schwierig. Direkt an der Unterkunft war aber ein Parkplatz, auf dem ich laut des Betreibers parken könnte. Einen 5er sollte das kosten, also druff da. Auf dem Schotterplatz wurden die Autos quasi gestapelt. So weit, so unkritisch. Allerdings sollte ich den Schlüssel abgeben… Man muss schon extrem dumm sein oder das absolute Vertrauen in die Menschheit haben um das zu tun. Vertrauen hab ich nicht, aber eine Diebstahlversicherung. Es ist ja schließlich nicht grob fahrlässig irgendeinem fremden Albaner seinen Autoschlüssel samt Auto anzuvertrauen. Knapp 2 km und einen stinkenden Bach war das Stadion von der Unterkunft entfernt. Diese moderne und von außen architektonisch wertvolle Hütte ist zugleich das Nationalstadion und die Heimat der nominellen Gäste von heute. Der heutige Gastgeber kickt hier normalerweise nicht. Partizani konnte bisher 17 Meistertitel feiern. Ihr Gewinn des Balkanpokals ist bis heute Albaniens einziger internationaler Titel. Vor den Meisterschaften 2019 und 2023 muss man für den vorherigen Titel allerdings bis ins Jahr 1993 zurückblicken. Der Klubi i Futbollit Tirana ist mit 26 Meisterschaften Albaniens erfolgreichster Verein. Im Europapokal erreichten sie in den Achtzigern viermal das Achtelfinale. Eine halbe Stunde vor Anpfiff haben die Tirona Fans angefangen sich einzusingen und es wurden Fahnen aufgebaut. Gut. Gegenüber? Naja. Es sah nach ner Choreo aus, aber ansonsten war das net so dolle und nach dem 38. Mal nervte auch das Vereinslied gewaltig. Als die Partizani Fans zehn Minuten später loslegten, wurde es aber auch laut. Das Stadion war leider nicht so gut gefüllt wie beim Derby erwartet und deshalb kam die Choreo aus Blockfahne und roten Folien oder Pappen auch nicht ganz so gut rüber. Viel besser kam das „Uh - Ah“ mit den Fäusten hoch und runter auf der Gegenseite rüber. Das war schon geil. Tirona ab und zu mal mit etwas Rauch und Böllern, die auch mal im Block hoch gingen, ohne dass es jemanden sichtlich gestört hätte. Ein Spruchband „Prehu ne Paqe“ habe ich automatisch als „Ruhe in Frieden“ übersetzt. Ansonsten hab ich null Gefühl für diese seltsame Sprache. Die Fanatics boten Oberkörperfrei einen guten Support. Die Guerrils von Partizani boten optisch nur zwei Fähnchen, aber beim sporadischen Singen, Hüpfen und Klatschen sah man, dass das keine Pimmel Szene ist. Das Spiel war natürlich deutlich anspruchsvoller als das Gerümpel vorher, aber ein Feuerwerk war es definitiv nicht. In der Pause deutete sich an, dass es keine Intros zum zweiten Durchgang geben wird. Natürlich freue auch ich mich über schöne Aktionen, jeder der das nicht tut, lügt. Aber wenn man guten Support zeigt wie Tirona, dann vermisse ich auch nix. Aus dem Nichts, mitten in der zweiten Hälfte, rissen die Guerrils ordentlich Fackeln an. Ich dachte schon die wären eingeschlafen. Danach waren sie aber wieder da. Die Fanatics waren zwischenzeitlich aber auch etwas ruhiger nach der Pause. Auf das 0:0 hätte man zur Halbzeit wetten können, aber ich war so naiv zu glauben, dass es besser wird. Karl Lagerfeld hätte hier übrigens seine Freude. Die Jogginghose ist nämlich in allen Variationen ein anerkanntes und oft getragenes Kleidungsstück.





Nach dem Spiel machte ich noch einen Abstecher zum Skanderbeg Platz. Der Sheshi Skënderbej ist der Platz in Tirana. Er liegt zentral und ist quasi von sämtlichen öffentlichen Gebäuden umgeben. Ein Stadtzentrum wie es im Buche steht. Benannt ist er nach dem albanischen Nationalhelden Skënderbej. Die Et’hem-Bey-Moschee und der Uhrturm (Grüße nach Graz) finden hier ebenfalls ihren Platz. Ab ins Bett. So richtig vom Hocker gehauen hat mich Tirana bisher nicht. Wenn ich schon ein Bed & Breakfast gebucht habe, dann muss ich es auch ausnutzen und so ging es nach etwas speziellen Eggs Benedict auf Tour, um der Stadt im Hellen eine Chance zu geben. Es war schon morgens sehr warm und am Ende der Tour war ich doch leicht feucht. Die 120 Stufen auf die Pyramide von Tirana waren dabei sicher nicht ganz unschuldig. Man hat einen schönen Blick, aber das nahe Stadion mit seiner außergewöhnlichen Form kann man leider nicht wirklich sehen. Auch der Platz bekam noch eine Chance. Was mir wirklich gefällt, ist dass die neuen Büro- und Wohn-Türme nicht einfach wahllos 08/15 hochgezogen werden, sondern ansehnlich und abwechslungsreich. Es ist im Vergleich zum Stadtrand auch ziemlich sauber. Das Zentrum ist tatsächlich ganz nett, wird aber keinen vorderen Platz in meinem Ranking einnehmen. Den Mietwagen habe ich dann tatsächlich zurück bekommen. Da hat sich mein tiefes Vertrauen in die Menschheit also ausgezahlt. Auszahlen musste ich natürlich auch die Parkplatz Mokel. Da ich es mit Albanern zu tun hatte, blieb es selbstverständlich nicht bei den 5€. Es ja nicht so, dass mich die 700 LEK mehr (7€) in den Ruin stürzen, aber erstens werde ich absolut nicht gerne verarscht und zweitens ist die Verarsche prozentual schon echt krass. Naja, wenn Vorurteile sich bewahrheiten sind es wenigstens keine Vorurteile mehr. Zumindest hatte ich mein Auto, also weiter nach Durrës.




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