Die Einwohner von Schweinfurt sind wie die Würzburger keine Bayern, sondern Franken. Genau genommen ist der nordwestliche Teil Frankens Unterfranken, auch Mainfranken oder Weinfranken genannt. Das Spiel der 45km entfernten Städte wurde als Mainfrankenderby beworben. Der 1. Fußball Club Schweinfurt 1905, auch Schnüdel genannt ist einer der ganz wenigen Vereine, die weder ihren Vereinsnamen noch das Wappen geändert haben. Außerdem spielen sie auch schon seit 1936 im Willy Sachs Stadion. Ein Verein der Beständigkeit. Ich war 2003 mit den Eintracht Amateuren erstmals hier und machte meinen elften Ground, ohne das Wort damals je gehört zu haben. Vier Jahre spielten die Schweinfurter in der 2. Bundesliga und einmal kreuzte sich dort auch der Weg mit der Eintracht. Ja ihr jungen Erfolgsfans, wir waren auch mal in der zweiten Liga. Außerdem spielten beide Mannschaften schon viermal im Pokal gegeneinander. Das Stadion ist wie eine Zeitreise. Grundlegend hat sich hier am Aussehen nicht viel geändert. Eine Tribüne, ansonsten rundum Stehplätze, Leichtathletikanlage, Marathontor, Flutlichtmasten und das ganze umgeben von Linden. Hier kann man sich als Stadionfreund wohl fühlen. 20.000 Zuschauer gingen hier mal rein, mittlerweile sind es 15.000. Heute wurde mit 11.968 die höchste Zuschauerzahl in diesem Jahrtausend erreicht und abgesehen von den Pufferblöcken war das Stadion damit auch schon völlig überfüllt. Der Fußball Club Würzburger Kickers 1907 aus der Bezirkshauptstadt spielte drei Jahre in der 2. Bundesliga. Die Jungs vom Dallenberg haben den Schweinfurtern fünf Jahre in der jungen 3. Liga voraus, was die Schnüdel heute zum ersten Mal klar machen wollten. Derby mit Rivalität der beiden Fanlager, Topspiel 1. gegen 3. und Aufstiegsspiel. Viel mehr geht eigentlich nicht. Dazu noch geiles Wetter. Die Heimkurve auf der Gegengeraden, unterstützt vom Würzburger FV, war eine Stunde vorm Anpfiff schon genauso voll wie die Bierstände. Dafür dass man selbst nicht so voll wurde, sorgte wenig leckeres Leichtbier aus dem Hause Roth. Zumindest schmeckte die Bratwurst. Die Gästekurve, unterstützt von Augsburg, füllte sich eine halbe Stunde vor Anpfiff. Eine Fackel beim Einmarsch ließ den Stadionsprecher gleich mal weinen. Zuerst wurde sich mit "Schweinfurt verrecke" und "Kickers, Augsburg - Hurensöhne" freundlich begrüßt und dann bekam das volle Haus beim Mainfrankdenderby Choreos auf beiden Seiten zu sehen. Bei den Grün-Weißen stand das Intro unter dem Motto "Seit 120 Jahren Teil der Stadt". Zu grünen Fähnchen wurde ein Rahmen mit "Fotos" von Verein und Stadt gezeigt. Dass das bei so einer kleinen Szene nicht wie geleckt aussieht ist zu vernachlässigen. Handarbeit und Liebe zum Detail sind dabei viel entscheidender. Daumen hoch. Die Gäste zeigten eine "Würzburg" Blockfahne über die gesamte Breite des Gästesektors und wenig überraschend erleuchtete der Block danach in bengalischem Rot. Die Aufregung über die lebensgefährliche und unter Todesstrafe stehende Pyrotechnik bereitete dem Stadionsprecher Sprachprobleme. Allgemein hatten die aber auch gut Munition dabei. Beide Fanszenen hatten während des Spiels ihre Fahnen im Einsatz und sorgten für Stimmung. Wirklich laut wurde es allerdings selten und im Kopf ist mir auch kein Fangesang hängen geblieben. Der Rauch des Intros war kaum verzogen, da stand es durch ein Eigentor auch schon 1:0. Der FCS war die bessere Mannschaft, verpasste es aber nachzulegen. Seine wenigen Torchancen verspielte der FWK meist selbst und so ging es dann mit dem frühen 1:0 auch in die Pause. Genau so früh wie in der ersten Hälfte fiel nach Wiederanpfiff das 1:1, was mit ein paar Fackeln zelebriert wurde. Die Szenen der 3. Liga wird dieser Minusmensch am Mikro vermutlich nicht überleben. Dem 2:1 für die Schweinfurter folgte ein richtig guter und ausgelassener Torjubel im ganzen Stadion. Kurz vorm Ende der Partie knallte es, Fackeln flogen aufs Feld, Leuchtspur wurde in Richtung der Heimfans abgefeuert und das Spiel wurde unterbrochen. Das ist dann der Punkt, an dem auch ich nicht mehr pro Pyrotechnik bin. Die Cops positionierten sich vor der Kurve und nach etwas Bambule kamen die Mannschaften zurück aufs Feld. Allerdings nicht lange, denn es flog erneut Leuchtspur aufs Spielfeld. Die Würzburger wollten mit aller Macht den Spielabbruch provozieren und die Aufstiegsfeier des Rivalen unterbinden. Den Aufstieg, den die Schweinfurter dann am grünen Tisch oder am nächsten Spieltag eh klar gemacht hätten. Unter Umständen hätte ich vielleicht ein wenig Verständnis für diese Aktion, wenn der FWK die ganze Saison vorne gelegen hätte und am Ende beim Derby vom Rivalen überholt worden wäre und so den Aufstieg verspielt hätte. Da das nicht der Fall ist, finde ich die Aktion aber einfach nur absolut unnötig, dämlich und überzogen. Ein Lob an dieser Stelle an den Schiedsrichter, der überraschenderweise nochmal kurz anpfiff und das Spiel zu Ende brachte. So konnte die Mannschaft der Schnüdel mit ihren Fans und Zuschauern den Aufstieg in die 3. Liga feiern.
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