Am Flughafen in Beograd machten sich der fehlende Schlaf und die Müdigkeit bemerkbar. Außerdem war es kalt. Kein Vergleich zu Tirana, knapp 1 1/2 Stunden früher. Hier zeigte sich auch, weshalb ich es so hasse, mit Bus und Bahn zu fahren. 50 Minuten rumlungern und auf den scheiß Bus warten. Natürlich fuhr der nicht da ab, wo es ausgeschildert war und auch nicht wann er es sollte. Auf der Zeittafel stand er ebenfalls nicht. Jemanden zu finden, der A: Englisch konnte und B: Ahnung hatte, war auch nicht einfach. Der Taxi Mafia wollte ich aber kein Geld in den Rachen werfen. Danke an den indischen Busfahrer einer anderen Route. Ich hasse Busfahren! Das Appartement hatte ich bereits für den Vortag gebucht, denn mit der Tasche um 7 Uhr morgens durch Belgrad zu tigern bis zum Check-in am Nachmittag war keine Option. Das kostete zwar 4.225 RSD zusätzlich, aber auf die 36€ kam es nun auch nicht mehr an. So konnte ich wenigstens eine ordentliche Mütze Schlaf nachholen.
Gegen Mittag war ich wieder fit und es konnte weiter gehen. Da ich schon mal in Belgrad beim Derby war, kannte ich die Stadt zwar, hatte sie aber als nett in Erinnerung und wollte nicht ohne Besichtigungstour bleiben. Zuerst musste ich aber zum Stadion. Die Buchung der Eintrittskarte war nämlich nicht ganz unproblematisch. Diese Formulare mit den eigenen Daten kann man sich ja meist auf allen möglichen Sprachen zusammen reimen, aber das geht nur mit Buchstaben und nicht mit irgendwelchen komischen Zeichen. Dank Google hat es zwar funktioniert und auch die Zahlung ging durch. Mein Ticket hatte ich bis heute aber noch immer nicht. Da meine Mailadresse nicht funktionierte, danke ich Katja für ihre Hilfe und hatte nach etwas nervenaufreibendem hin und her mein Ticket. Danke. Darauf erstmal ein Pivo auf dem Weg zurück ins Zentrum. Belgrad ist mit weit über einer Millionen Einwohnern nicht nur die serbische Hauptstadt, sondern war das auch im ehemaligen Jugoslawien. Highlights sind der Dom des Heiligen Sava, eine der größten orthodoxen Kirchen der Welt und die Festung. An der Stelle wo die Save in die Donau mündet, liegt die Festung von Belgrad. Oft und lange umkämpft und als das Tor zum Balkan bezeichnet. Alles auf dem Weg liegende wurde ebenfalls angesehen und dann fiel mir auf, dass ich seit mittlerweile 25 Stunden nix mehr gegessen hatte. Viel Zeit blieb bis zum Anstoß aber nicht mehr und so gab es nur Cevapcici to go. Weiter, immer weiter.
23.09.24 19:00 FK Partizan - FK Crvena Zvezda Beograd 0:4 (0:2), Stadion Partizana, Super Liga Srbije, 11.000 Zuschauer
Die Stadien der beiden Kontrahenten sind nur einen Kilometer voneinander entfernt. Im ehemaligen Stadion der Jugoslawischen Volksarmee war ich noch nicht und dort sollte heute das ewige Derby, das meist ausgetragene Derby in Europa stattfinden. Crvena Zvezda ist seit 2018 Serienmeister, serbischer und jugoslawischer Rekordmeister und Rekordpokalsieger. Der größte Erfolg war der Gewinn des Europapokals der Landesmeister 1992 (die heutige Champions League). Partizan ist sowohl in Serbien, als auch in Jugoslawien der zweit erfolgreichste Verein. International konnten sie den Mitropapokal gewinnen und waren Finalist im Europapokal der Landesmeister 1966, wo sie nur knapp gegen Real Madrid verloren. Auf den Rängen werden beide Vereine von zwei namenhaften Kurven und Gruppen vertreten. Die Totengräber (Grobari / Partizan) und die Mutigen (Delije / Roter Stern / Crvena Zvezda). Die Grobari befinden sich leider im Streik und die Kurve blieb leer. Soweit ich das verstanden habe, geht es gegen den eigenen Vereinsvorstand und um das verbreiten von Fehlinformationen. Wahnsinn wie geschlossen sowas vonstatten gehen kann, denn die Kurve blieb tatsächlich fast komplett leer. Delije zeigte aber eine schöne, wenn auch recht einfache Choreo. Ich kann zwar keine Zeichensprache, würde aber vermuten, dass das Motiv einen weniger schönen Hintergrund hat. Die erste und einsame Fackel hatte eine extreme Brenndauer. Es gibt sie also noch, die Qualität. Die Gegengerade machte trotz leerer Kurve ganz gut Lärm und stand eigentlich geschlossen das gesamte Spiel über auf ihren Plätzen. Nach dem Rückstand ließ die Stimmung dort aber nach. Ein Tor durch Elfmeter, den der Schiedsrichter nach VAR Einsatz wegen eines Handspiels gab. Diese Entscheidung gefiel einem Partizan Anhänger gar nicht und als Flitzer schaffte er es mit gestreckten Mittelfingern übers gesamte Spielfeld bis vor die gegnerische Kurve. Danach verhinderte der Torhüter mit einer starken Parade den Ausgleich. Delije allgemein mit gewohnt gutem Support. Ein Wechselgesang untereinander stach aber heraus - Bombe! Der Rechtsaußen von Partizan mit der Nummer 39 hatte nicht nur die Hautfarbe von RCGM, unserem Flick-Flack Rolf, sondern auch seine Schnelligkeit. Das alleine macht zwar keinen guten Fußballer, aber zumindest konnte er so ein paar schöne Angriffe einleiten. Die dann nur zu nichts führten. Das Tor zum 2:0 in der Nachspielzeit fiel mit Hilfe der Abwehr, die nur zusah. Das 3:0 hat der Schnapper schön unter sich durchrutschen lassen, was die Gästekurve in einen Rausch versetzte. Das waren mir bei den vorherigen Treffern doch etwas zu wenig Emotionen beim Torjubel. Ein 4:0 ist schon eine herbe Derby Schlappe und nach diesem Treffer gingen dann auch tatsächlich ein paar Zuschauer, was mich bei einer asiatischen Reisegruppe aber doch etwas verwundert hat. Ein paar Minuten zu früh für die Rapid Viertelstunde entfachte die Gästekurve ein richtiges Feuerwerk. Unabhängig davon, wie man es findet und ob es nötig ist, explodierten hier häufiger mal Böller von der Gegengerade neben Spielern oder Polizisten und was tun die? Nichts! Sie machen einfach weiter ihren Job. Hier war Feuer drin. Besser als die Spiele in Albanien. Sportlich waren solche Spiele aber schöner, als die Eintracht noch erbärmlichen Kack-Fußball spielte und man froh über richtigen Calcio sein musste. Das Ergebnis schmeckte den Partizani gar nicht und direkt mit dem Abpfiff war die Anzeigetafel aus. Guter Support von Crvena Zvezda, aber auch wenn es dabei ja um die Unterstützung des eigenen Vereins geht, kann mir keiner erzählen, dass ein fehlender Gegner nicht ein paar Prozentpunkte kostet.
Nachdem ich zurück an der Unterkunft war, wollte ich noch was essen gehen und ließ mich in einem Restaurant nieder. Die Speisekarte bekam ich, aber während das einheimische Paar nebenan, das gleichzeitig mit mir Platz nahm und den Kellner scheinbar gut kannte, sein Essen und Trinken schon hatte, wurde noch nicht mal meine Getränkebestellung aufgenommen. Danke für nichts und Tschüss. Weiterhin kein Gezapftes auf dieser Tour. Zumindest aber noch ein leckeres Pljeskavica to go von der Grillbude, das ich im Apartment mit Büchsenbier genoss. Wie viele Kilometer ich heute gelaufen bin? Alle!
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