Freitag, 15. Februar 2019

Shakhtar Donezk - Eintracht

Die Auslosung brachte den meisten Frankfurtern mit Schachtar Donezk nicht das gewünschte Los, mir passte es aber gut. Auch wenn die Aussicht auf -20°C etwas befremdlich war, so schreckte die Reise in den Osten doch viele Neckermänner ab. Donezk ist die fünftgrößte Stadt der Ukraine und EM Spielort von 2012. Durch die Kriese und Kämpfe in der Ost Ukraine ist dort aber nicht mehr an Fußball zu denken. Zu Beginn der Unruhen zog man nach Lwiw (Lemberg) in den Westen des Landes, bis man vor zwei Jahren nach Charkiw weiter zog und somit näher an die eigentliche Heimat. Als Ende letzten Jahres das Kriegsrecht ausgerufen wurde, spielte Schachtar zeitweise in Kiew, womit ich eigentlich auch für unsere Partie rechnete. Allerdings sollten wir nicht in der Hauptstadt, sondern in der zweitgrößten Stadt der Ukraine kicken, wo sich Schachtar das EM Stadion mit Metalist Kharkiv teilt.


Vom DUS ging es aber erstmal in die Hauptstadt des größten europäischen Landes, das seit dem Zerfall der Sowjetunion 1991 unabhängig ist. Da ich mich wieder zu lange krank auf die Arbeit geschleppt hab, lag ich bis kurz vorher aber erstmal flach. Die Möglichkeit mit dem eigenen Verein nen Länderpunkt im Europacup zu machen lässt einen aber schneller fit werden. Am Flughafen hüpften einige Zecken auf dem Weg nach London rum und am Gate saßen fast nur Frankfurter. Der Check-In ging schon ne Dreiviertelstunde vor Abflug los und nachdem die paar Priority Mokel durch waren, tat sich erstmal gar nix mehr. Normalerweise springen ja alle direkt auf und stellen sich an bis zum nächsten Bahnhof, aber hier musste die Servicekraft erst zweimal durchgeben, dass das Boarding läuft. Fußballfans sind eben doch die besseren Menschen, ganz entspannt. Im Flieger saß ich neben der wohl einzigen ukrainischen Kampfmaschine an Bord und dann kam ein bestialisch nach Schweiß stinkender Typ, aber zumindest hatte ich keinen Mittelsitz.

 

Am Flughafen wartet ich auf die "Reisegruppe Helena", die ne knappe Stunde später eintraf als geplant, aber so hatte ich wenigstens Zeit Geld in Papier zu wechseln und mich mit den wirren Schriftzeichen anzufreunden. Mit nem gemieteten Bus ging es in die Stadt und im Laufhaus der Kollegen gab es noch zwei Pivo, bevor ich dem Pöbel den Rücken kehrte und ein Taxi mich in unser 5 Sterne Appartement brachte. Alex und besonders natürlich der Prahst hatten schon gut einen gezaubert. Bei Pivo, Wodka und zusätzlich Korn für den Spezialisten wurden Karten gekloppt und ich als gelernter Hütchenspieler besserte meine Urlaubskasse auf. Für nen Fuffi hatte jeder sein eigenes Zimmer und irgendwann war es für die alten Herren an der Zeit.


Als wir am nächsten Tag gegen 11 aus unserer Residenz gekegelt wurden, waren wir wieder gewöhnliche Assis. Zu Fuß ging es zum Maidan mit dem Unabhängigkeitsdenkmal und zur Sophienkathedrale, um wenigstens etwas von Kiew mitzunehmen. Der Reiseleiter hatte allerdings Hunger und machte Druck. So fanden wir uns kurze Zeit später vor einem Tablett mit allerlei veganen, gluten- und laktosefreien Leckereien wieder. Völlerei für umgerechnet 7€. Am Bahnhof wechselten noch ein paar Büchsen Bier den Besitzer und der Zug nach Charkiw wartete schon. Kunden der DB werden nicht glauben dass es das gibt, aber der Zug fuhr pünktlich los, kam pünktlich an, war komfortabel, die Toiletten funktionierten und wurden während der Fahrt sogar mehrfach gereinigt und das ganze Vergnügen kostete weniger als ein Monatslohn. Allerdings ist es natürlich auch etwas vermessen ein seriöses Bahnunternehmen mit einem dilettantischen Konstrukt wie den Stümpern der DB zu vergleichen. Weniger gut war, dass ich während der Fahrt mein gesamtes Spielgeld verzockte. Kurz vor der russischen Grenze hielt der Zug und wir kamen nach knapp fünf Stunden am Ziel an. Dort wurde direkt neues Papier besorgt, was dann wiederum sinnvoll in Pivo investiert wurde. Ne Taxe mit nem Mafiosi am Steuer brachte uns zur Unterkunft in Stadionnähe. Nachdem genug Zeit verasselt wurde und sich jeder von Roberto Blanco verabschiedet hatte, war es Zeit zum Stadion aufzubrechen.

 



Gestern Abend und den heutigen Tag über vermeldeten die verschiedensten Kanäle einige Angriffe auf Frankfurter aus Kiew und Charkiw, teils mit Krankenhausaufenthalten. Ebenso gab es abgemachte Matches der sportlichen Fraktionen. Vor den Kriegserfahrenen Höhlentrollen, die 36 Stunden täglich mit Kampfsport verbringen hatte ich auch durchaus Respekt. Nun fahren wir aber nicht erst seit gestern zum Fußball und ziehen bunt verkleidet und grölend durch die Gassen. Mit Benehmen und etwas Respekt ist bisher immer alles gut gegangen und auch heute kamen wir easy am Stadion an.


14.02.19 22:00 FC Shakhtar Donezk - Eintracht Frankfurt 2:2, Oblasnyj Sportywnyj Komplex Metalist / Kharkiv, Europa League, 13.059 Zuschauer

Elf ukrainische Meisterschaften und zwölf Pokalsiege stehen auf dem Briefkopf und 2009 gewannen die Bergarbeiter sogar den Europacup. Damit sind die Orange-Schwarzen nach Dynamo Kiew der zweit erfolgreichste Verein der Ukraine. In der jüngeren Vergangenheit ist man dank des Präsidenten Rinat Achmetow aber die Nummer 1, was unter Umständen weniger an seinem Fußball Fachwissen, sondern eher an der Tatsache liegen könnte, dass er als Oligarch der reichste Mann des Landes ist. Mit nem Fahnen Intro wurden die Magier begrüßt und sie legten auch gleich ordentlich los. Winterzugang Hinteregger köpfte uns schon in der siebten Minute in Führung. Es wird wohl ein Geheimnis bleiben wie man diesen Kullerball als Schnapper nicht halten kann, aber Tor ist Tor. Der Jubel war noch nicht auf dem Höhepunkt, da zeigte der Schiedsrichter auf der anderen Seite auf den Punkt und es stand 1:1. Sicher stellt sich N'Dicka da etwas blöd an, aber in einer Zeit als Fußball noch ein Männersport war, hätte niemand auch nur daran gedacht sowas zu pfeifen. Im Gegenzug profitierten wir allerdings von diesem pussyhaften Spiel und nach Gelb-Rot musste Donezk in Unterzahl weiter machen. Da waren noch satte 80 Minuten zu spielen. Obwohl wir überlegen waren und mit 3:1 in die Kabine gehen können, fehlte es an Ideen und der nötigen Entschlossenheit und es passierte nichts mehr. Ein Hotdog mit geilem scharfen Senf für nen schmalen Euro verkürzte die Pause. Kostic ließ uns im zweiten Durchgang noch schneller jubeln als im Ersten und endlich war die verdiente Führung da. Die Stimmung war dem Rahmen bisher nicht angemessen, aber jetzt ging es rund und es schien nur eine Frage der Zeit zu sein, bis die Jungs den nächsten Treffer nachlegen. Dawai Dawai, Uh! Nach knapp 20 Minuten Ekstase spielten die Brasilianer einen wirklich schönen Angriff und ließen unsere Verteidigung alt aussehen. Das 2:2 passte überhaupt nicht ins Bild und mit diesem Schock riss der Support plötzlich ab. Es dauerte auch etwas bis es auf dem Feld wieder vorwärts ging, aber die Möglichkeiten zum Siegtreffer waren da. Es fehlte heute allerdings an vielem und am Ende steht der Punkt, der sich nach diesem Spiel mit 12:1 Ecken und 21:5 Torschüssen einfach nicht wie ein Erfolg anfühlt. Eine Ausrede für den extrem schlechten Support nach dem 2:2 kann aber nicht auf dem Platz gesucht werden. Eintracht Frankfurt International geht anders. Ein Unentschieden mit zwei Auswärtstoren ist an und für sich keine schlechte Ausgangslage, aber da war schon mal was... Während der Blocksperre fingen die Füße doch langsam an zu Eisklötzen zu werden, auch wenn es nur -7 Grad waren. Eine solche Blocksperre führt dazu, dass sich mögliche Angreifer formieren können und die Bullen ihnen die Selektion von Freund und Feind abnehmen. Es war Filmreif, wie um Ein Uhr alle Straßenlaternen aus gingen und der Weg für die Sektion "Sport frei" geebnet war. Hinter jedem Häuser Block und aus jedem Hinterhof sah man vorm geistigen Auge den Mob, aber wir kamen ungestört zur Unterkunft und ich hab auch nichts von Angriffen mitbekommen. Der Osteuropäer ist eben ein Jäger und keine Aasfresser.




Nach ner sehr kurzen Nacht brachte Uber uns für 75 ukrainische Geldeinheiten, also rund 2,50€ die zehn Kilometer zum Flughafen. In Kiew trennten sich unsere Wege und als Erster war ich schon am frühern Nachmittag wieder zu Hause.

Für das Rückspiel gibt es nur eine Devise. Dawai Dawai, UH!

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