Am nächsten Tag ging es zurück nach Edinburgh und die Flexibilität des Autos erlaubte mir einen Abstecher zu den Kelpies in Falkirk. Das Bett in der Hauptstadt wurde taktisch günstig zwischen Stadion und Zentrum gewählt, also Karre abgestellt und Arsch geleckt. Die Stadt gefällt mir sehr gut, mit viel altem Gemäuer, bei dem das Edinburgh Castle heraussticht und insgesamt wirkt die Stadt ziemlich entspannt. Weniger entspannt waren die 287 Stufen auf das "Scott Monument", aber ich bin schließlich Leistungssportler und die Aussicht über die Stadt entschädigt. Mit Werner, dem alten Sozi traf ich mich auf ein paar Bier, denn die Welt ist so verdammt klein. Dann trennten sich die Wege vorerst, denn wir hatten unterschiedliche Spiele auf dem Zettel.
25.07.17 19:45 Hibernian FC - Arbroath FC 6:1, Easter Road Stadium, League Cup, 4.856 Zuschauer
Für mich ging es ins Easter Road Stadium zum League-Cup Match zwischen dem Erstligisten aus Edinburgh und dem Aufsteiger in die dritte Liga aus der Nähe von Dundee. Die erste Runde dieses Wettbewerbs ist eine Art Ansammlung von offiziellen Pflichtspielen, die eher Testspielen ähneln. Gefühlt alle Mannschaften des Landes werden in Gruppen aufgeteilt und erspielen in rund 876 Partien die "Aufsteiger". Wirklich interessante Begegnungen gab es heute nicht, also hab ich mich für den vielleicht besten Ground entschieden. Das Stadion steht seit 1893 an Ort und Stelle, wurde aber vor nicht langer Zeit komplett renoviert. Da es eckig, mit vier voneinander getrennten Tribünen gebaut ist und sich vom deutschen standard Oval absetzt, gefällt es mir aber doch recht gut. Auf den "Stands" darf man aber natürlich auch hier nicht stehen. In Minute 30 versuchten die Seagull Ultras mit einer stattlichen Anzahl den Gästeblock zu stürmen, aber obwohl das mit das Interessanteste war, passierte auch hierbei nichts. Was soll ich groß schreiben? Das war Hafer, ein Spiel für die Statistik. Zumindest war dieses Spiel aber ein Teil der Planung und kein zufällig erfragtes, sinnloses Testspiel im Urlaubsort, wie es heute gängig ist. Mit Dominik, der auf der Tribüne gegenüber saß betrieb ich mobile Konversation und ich hab das Gefühl, dass er ähnlich begeistert war. Ein Lob an die Spieler des Gastvereins, die gut mithielten und den Ausgleich schafften, aber kurz vor und nach der Pause durch Gegentreffer den Anschluss verloren. Auf ein Bier ging es nach dem Spiel noch zu Werner ins Pub, aber ein dringendes Bedürfnis beendete den Abend recht früh.
Am Mittwoch Morgen konnte man typisches Insel Wetter bewundern und Motivation auf irgendwelche Aktivitäten war dank der Hunde und Katzen, die vom Himmel fielen nicht vorhanden. Also direkt nach Glasgow geiert und am Ticket Office Dominik getroffen, dank dem ich die Schlange etwas abkürzen konnte. Nach ner Runde um's Stadion ging es für mich in die Stadt, was der Frühaufsteher schon erledigt und für uninteressant befunden hatte und natürlich war das dann auch so. Zumindest war das Wetter wieder gut und in der "Drygate" Brauerei ließ es sich sehr gut aushalten. Auf dem Weg zum Stadion noch stilecht fish and chips eingeworfen um was im Biersee schwimmen zu haben und dann traf ich mich wieder mit dem Moerser Abgeordneten.
26.07.17 19:45 Celtic FC - Rosenborg BK 0:0, Celtic Park, Champions League Qualifikation, 49.172 Zuschauer
Der Celtic Park wurde natürlich auch so modernisiert, dass er sämtlichen aktuellen Standards entspricht, aber besonders die Haupttribüne sorgt dafür, dass das Stadion trotzdem nicht zu sehr nach 08/15 aussieht. Und alleine der Mythos macht es zu einem "must have". Ein Novum im modernen, britischen Fußball sind auch die "safe-standing" Plätze, die heute allerdings leer blieben, da der Verein die Ultras der "Green Brigade" für die nächsten Spiele ausschließt. So ganz passen Ultras aber auch nicht in die Stadien Großbritaniens und da die Linken gute Kontakte zum Hamburger Modekonstrukt haben, konnte ich persönlich sowieso auf sie verzichten. Das "You'll never walk alone" vorm Spiel war schon sehr ordentlich, aber bei weitem nicht so brachial, wie man es von wichtigen Spielen kennt. Insgesamt war die Stimmung auch ganz passabel und man konnte einige Male erahnen was hier möglich wäre, wenn die Leute nur wollen würden, oder das Spiel sie mitreißt. Im Allgemeinen ist der Support der Ultras ja deutlich unterhaltsamer, aber wenn er wie hier spielbezogen ist und man am Szenenapplaus sieht wie nah die Leute am Spiel sind, hat das durchaus auch was für sich. Beeindruckend ist auch wie oft man "fucking" in einem Satz verwenden kann. Aus Tondheim waren rund 100 Zuschauer dabei, von denen knapp die Hälfte zwei, drei Mal versuchte auf sich aufmerksam zu machen. Wer bei einem Spiel zwischen Schotten und Norwegern Tiki-Taka erwartet, der verlangt zuviel, aber Ansatzweise waren durchaus technische Akzente erkennbar, allerdings eher von Rosenborg. Die Wikinger standen in der Defensive zumeist auch sehr kompakt und Celtic versuchte den Ball ins Tor zu tragen und suchte den Abschluss frühestens im 16er, wenn überhaupt. Es war schnell klar, dass es heute mit Toren schwierig werden könnte und die nervigen 0:0's sieht man ja auch bekanntlich selten bei Kreisliga Bums. Nach dem Spiel wurden noch ein paar Pubs angesteuert und auf dem Rückweg bekam ich schön den Arsch gewaschen, aber das gehört dazu.
Neuer Tag, neues Glück und das Wetter wusste mal wieder nicht so ganz was es wollte, aber es standen ja auch erstmal rund 250km im Seat auf dem Programm. Das erste Mal habe ich auf einer Autobahn einen Traktor überholt, aber auch die Schilder "Fußgänger kreuzen" zeigen, dass hier einiges etwas anders ist. Auf eine Tour durch Aberdeen hatte ich keinen Bock und so fuhr ich einfach am Küstenort Stonehaven ab, weil mir der Name gefiel. Nach nem kurzen Gang am Nordseestrand hatte ich Hunger und die "The Bay Fish & Chips" Bude kam mir gerade recht. Da dort ne abartig lange Schlange anstand hab ich kurz gezögert, aber dann mal diesen Google gefragt und der sagte, dass es sich lohnt und das stimmte auch. Das dort Tausendunddrei Zertifikate rumhängen dürfte vielleicht manchem gefallen, mir gefiel da eher die sehr ordentliche Portion. In einer Bewertung hieß es, dass man die Fisch-Bude gut mit "Dunnottar Castle" verbinden kann, also weiter gegoogelt und die Fotos haben mir direkt zugesagt. So kam ich dann durch mehrere Zufälle an den schönsten Platz der Reise. Den Eintritt für die Burgruine hab ich mir gespart, denn das wirklich Interssante ist die wahnsinnige Aussicht und die faszinierende Natur, mit ihren Felsen, Klippen, Buchten und dem Naturstrand. Hier wurde dann einfach genossen und ein paar Kalorien abgelaufen. Diesen Fleck Erde kann ich auf jeden Fall empfehlen. Irgendwann rief dann aber wieder die Pflicht und Aberdeen machte mit dem Auto wirklich keinen Spaß. Stau rein in die Stadt, alles voll in der Stadt und auch zurück wieder ewig an sämtlichen Ampel mit dämlichen Schaltungen verbracht. Zudem herrscht in der ganzen Stadt Parkverbot. In der Nelson Street wurde ich dann doch fündig und konnte die Karre mit nem Parkticket für zwei Pfund abstellen und hatte nur einen guten Kilometer bis zum Stadion.
27.07.17 19:45 Aberdeen FC - Apollon FC 2:1, Pittodrie Stadium, Europa League Qualifikation, 20.085 Zuschauer
Das Pittodrie hat auf jedem Fall Charme! Der "Richard Donald Stand" ist die einzige, neue Tribüne mit zwei Rängen, der Rest des Stadions ist bis auf kleine Renovierungsarbeiten noch im Ur-Zustand. Die erfolgreichste Zeit hatten die Dons in den 80er Jahren unter Sir Alex Ferguson, als sie unter anderem den Europacup gewannen und die Eintracht traf beim Titelgewinn 1980 in der ersten Runde auch auf Aberdeen. Nach einigen Unruhen sind die Reds aktuell die schottische Nr.2 hinter Celtic, was natürlich auch an der Insolvenz der Rangers liegt und so spielt man wieder International. Wie beim Spiel gestern in Glasgow war es auch hier wieder beeindruckend wie sehr die Zuschauer mitgehen, man müsste eigentlich gar nicht aufs Spielfeld gucken und wüsste trotzdem was passiert. Mit dem "come on you reds" und anderen einfachen Anfeuerungen gab es auch etwas Support und was mich überraschte ist, dass die Zuschauer in einigen Teilen des Stadions tatsächlich standen, diese Hooligans. Auf dem Feld legte Aberdeen los wie die Feuerwehr und ging bereits nach vier Spielminuten in Führung. Die ersten 20 Minuten brauchte Limassol um sich auf den Druck der Schotten einzustellen und wenn diese im Abschluss effizienter gewesen wären, hätte man die Partie direkt beenden können. Das enorme Tempo zeigte aber Wirkung und das Spiel wurde ausgeglichener. Im zweiten Durchgang kamen die Gäste besser ins Spiel und zum Ausgleich, aber die Reds erhöhten erneut den Druck und wurden von Publikum zum 2:1 gepusht. Aus Zypern waren rund 50 Zuschauer vor Ort, die am anderen Ende des "Main Stand" untergebracht waren. Eine Hand voll war immer mal aktiv, aber nicht zu hören. Nach dem letzten Kick der Tour ging es direkt zum Auto und auf halber Strecke in Dundee wurde übernachtet, bevor der Vogel mich am nächsten Tag von Edinburgh nach DUS brachte, wo mit der Benrather Bierbörse der nächste Programmpunkt wartete.