Montag, 7. November 2016

Sizilien / Messina-Catania

Urlaub im November ist an sich ja nix ungewöhnliches, aber wenn es der lang ersehnte Sommerurlaub ist schon. Nach langem hin und her wurde relativ kurzfristig das ursprüngliche Ziel Sizilien zum Sieger gekürt. Am DUS wurde eine überraschende Entdeckung gemacht und zwar im unteren Bereich. Dort gibt es einen Rewe mit wirklich humanen Preisen und so ging es gut gestärkt auf die erste Etappe. In Rom mussten zwei Stunden rumgegammelt werden, bevor die finale Destination Palermo angeflogen wurde. Man kann von den Italienern ja halten was man will, aber zwei Sachen können sie. Schwalben und Eis. Letzteres gönnte ich mir am aeroporto und war begeistert. Landung, Mietwagen, B&B, gute Nacht. Aufstehen, duschen, Frühstück, Abfahrt und jetzt wieder etwas Text. Die einfache Strecke von gut 250 km zeigte mir deutlich, dass ich diesen Ball am Italienischen Stiefel deutlich unterschätzt habe. Für die Strecke zahlten wir Maut, da sich knapp drei Stunden Fahrt doch angenehmer anhörten als über sechs und ich muss sagen, dass es auch verständlich ist, denn die Fahrt führte durch sehr viele und teils echt lange Tunnel, deren Bau die Kosten durchaus rechtfertigt. Außerdem führt der Teil mit Tageslicht auch schön an der Küste entlang. Auf der Fahrt standen auch nur zwei kurze Stopps an weil Katja eine Bucht und eine Kirche fotografieren wollte.

02.11.16 14:30 ACR Messina - Calcio Catania 2:0, Stadio Franco Scoglio, Coppa Italia Lega Pro, 3.183 Zuschauer

Gut eine Stunde vor Spielbeginn waren wir da, konnten direkt am Stadio kostenlos parken und alles schien easy. Nach etwas fragen, suchen und laufen waren wir auch am einzig geöffneten Kassenhäuschen, an dem ganze zwei Schalter besetzt waren. Die dortige Arbeitsgeschwindigkeit kommt der Totenstarre sehr nahe und ich hatte die Hoffnung zwischenzeitlich schon aufgegeben, aber wir kamen doch noch ins Stadion, wenn auch nicht ganz pünktlich. Und der Ground kann auch vollkommen überzeugen, für Details verweise ich einfach mal auf die Fotos. Der Rasen war eine Katastrophe, aber es war zumindest ein natürlicher Acker. Beide Mannschaften haben eine Vergangenheit in der Serie A. Catania kommt auf 17 Spielzeiten im Oberhaus und 34 Jahre in der Serie B und wurde erst letzte Saison wegen Spielmanipulationen in die dritte Liga strafversetzt. Messina spielte zehn Jahre in der ersten und 33 in der zweiten Liga, aus der sie wegen finanziellen Problemen in die Serie D versetzt wurden. In Italien läuft der Pokal anders ab als in Deutschland. Die Vereine der Serie A und B spielen die Coppa Italia unter sich aus. Die Teilnehmer der drei Staffeln der dritten Liga kämpfen untereinander um ihren eigenen Pokal und gleiches gilt auch für die Serie D. Der/die/das Calcio, das man hier in Italien spielt zeigt deutliche Überschneidungen zum Fußball, nur eben mit häufigerem und längerem Bodenkontakt. Allerdings zieht diese Spielweise ja auch immer mehr in die Hallen der Bundesliga ein und ich habe gehört ein gewisser Norbert Meier soll sogar ausschließlich das trainieren. Beide Kurven sorgten mit Bannern und Fahnen für ein schönes Bild, danke. Akustisch war die Heimkurve zu gut um die 183 Tifosi der Gastmannschaft vernünftig beurteilen zu können, dauerhaft aktiv waren aber beide Seiten. Aus der "Curva Sud" waren jedenfalls einige schöne Melodien zu vernehmen und die Anfeuerungsrufe hallten ordentlich von der gegenüberliegenden Felswand zurück. Besonders nach Spielende kamen auch die Pöbeleien nicht zu kurz. Die Zuschauerzahl war für ein Pokalspiel nachmittags unter der Woche zwar okay, aber ich habe auf etwas mehr gehofft. Die beiden Städte trennen zwar keine 100 km, aber das große Sizilianische Derby ist Palermo gegen Catania, bei dem es 2007 auch zu den bekannten  Ausschreitungen kam, die den italienischen Fußball veränderten.






Nach dem Spiel ging es ins Guesthouse am Etna und direkt weiter zum überfälligen Essen. Dort bestellte ich eine Pizza, denn damit macht man in Italien nie was falsch und auch wenn die Küche hier eigentlich viel mehr hergibt war es mal wieder einfach klasse. Etwas problematischer war die Getränke Bestellung, denn der gemeine Sizilianer spricht kein bis gar kein englisch und ein einfaches "Birra" wollte ich nicht bestellen, da "Heineken" auf der Karte stand. So entschied ich mich für die Bestellung eines "local Beer" und um sicher zu gehen gleich ein großes. Das "local" bekam ich vermutlich auch, aber das Bier blieb auf der Strecke. Nachdem ich den halben Liter Rotwein runtergespült hatte (richtiger Wein wird verdammt nochmal aus Äpfeln hergestellt!) bestellte ich erstmal einen Grappa und der schmeckte einfach göttlich und entschädigte für das vorherige Getränk. Dann wurde ich mutig und bestellte einen weiteren plus ein Birra. Die folgende Frage "grande or big one?" verwirrte mich zwar etwas, war aber genau genommen die einzig richtige. Das 0,66er "Birra Moretti" hätte ich also auch einfacher haben können. Buonanotte.


Am nächsten Tag stand eine Tour auf den Ätna an, die sich als mein persönliches Highlight des Urlaubs herausstellte. Der Mount Etna ist mit rund 3323 Metern der höchste und aktivste Vulkan Europas und hat deutlich über 300 Nebenkrater. Nebenbei gibt es hier wohl eines der wenigen Skigebiete mit Meerblick. Mit unserem Gastgeber Umberto, der zufälligerweise als Guide arbeitet ging es also auf die Reise und zu einer privaten Führung. Zuerst fuhren wir mit seinem Jeep auf 1995 Meter Höhe, weiter mit der Seilbahn auf 2500 Meter und mit dem Bus, der einem Mondfahrzeug ähnelte weiter auf rund 2900 Meter. Die restliche Höhe wurde zu Fuß zurückgelegt und nach einer atemberaubenden Wanderung über die Gipfelkrater stand der Abgang ebenfalls zu Fuß bevor. Hier wurde es dann richtig spaßig als wir durch die Asche den Berg hinab rannten. Das setzte wahre Glücksgefühle frei und die wunderbare, beeindruckende Landschaft tat ihr übriges. Dieses Erlebnis kann ich nur jedem empfehlen. Zurück in der Unterkunft sahen wir uns noch gemeinsam einen interessanten Film über den Etna an. Mille grazie Umberto!





Am nächsten Tag rief der Süden der Insel und ich stellte fest, dass sich deutlich mehr Muskeln in meinem Körper verstecken als gedacht, denn Fett und faules Fleisch alleine können unmöglich so verdammt weh tun. Die Stadt Noto zählt zum UNESCO Weltkulturerbe und den sizilianischen Barockstädten. Hier gibt es sehr viele sehenswerte Gebäude zu bewundern. Im "Riserva naturale orientata Oasi faunistica di Vendicari", einem Naturreservat und Schutzgebiet, das als wichtigstes Feuchtgebiet der Insel gilt, gab es es dann unter anderem jede Menge Eidechsen und wild lebende Flamingos zu beobachten. Die Stadt Siracusa wurde ebenfalls ins UNESCO Weltkulturerbe aufgenommen und war in der Antike sehr bedeutend. Auch hier gab es allerhand altes Gemäuer zu sehen und gegen das nicht vorhandene Heimweh wurde mit Fritten und Sauce Andalouse angekämpft, Sachen gibt's.





Samstags stand die Stadt Taormina mit dem Antiken Theater auf der Agenda und bei herrlichem Sonnenschein hatten wir auch einen wunderbaren Blick über die Landschaft und auf den Etna. Die sehenswerten Schluchten "Gole dell’Alcantara" waren das nächste Ziel, aber eher für Katja, denn ich hatte nach einem kurzen Blick in die Schlucht etwas anderes vor.




05.11.16 14:30 ASD Giardini Naxos - SSD Città di Messina 2:3, Campo Sportivo Comunale Giardini Naxos, Promozione Sicilia Girone C, 94 Zuschauer

Die Fahrt zum eigentlich geplanten Serie B Spiel Trapani gegen Vicenza dauerte mit vier Stunden zu lange um es mit dem Touri Programm vereinbaren zu können und Urlaub mit der Freundin ist nun mal mehr als Hoppen, aber etwas Fußball sollte es schon sein. Dieser moderne Kram, den man Internet nennt ist aber nicht nur ein Werk des Teufels, sondern kann auch sehr hilfreich sein. Für italienischen Amateurfußball bis in die untersten Klassen kann ich die Seite tuttocampo.it absolut empfehlen und so landete ich in der sechsten Liga. Die 94 Zuschauer sind eine Art Mittelwert, den ich irgendwann mittendrin mal gezählt hab, da bei freiem Eintritt immer ein paar kamen und gingen. Erwartet hätte ich vielleicht Zwanzig, die teilweise dreistellige Zahl an Schaulustigen war aber sehr positiv. Ebenfalls sehr positiv wurde der Belag des Spielfeldes zur Kenntnis genommen, denn auf Vulkanasche wird nicht zu häufig gekickt. Der Platz ist nur von einer Seite zugängig und hier kann man von 16er zu 16er auf sieben von der Sonne erwärmten Stufen Platz nehmen. Auf einer Seite befinden sich daneben ein paar alte, verfallene Stufen über die ein Bananen Baum ragt und auf der anderen Seite steht eine Barracke, die als Umkleide dient. Außerdem bietet der Platz einen zumindest angedeuteten Meerblick. Den Gästen gehörte klar die erste Hälfte, die sie mit 2:0 für sich entschieden und dabei noch einen Elfmeter verballerten. Im zweiten Durchgang hatten die Hausherren mehr vom Spiel, waren aber nicht in der Lage den Ball hinter die Linie zu bringen und so brachte ein Konter irgendwann in der paarundachtzigsten Minute die Entscheidung. So konnte man zumindest denken, aber dem 1:3 folgte auch noch ein Elfmeter zum 2:3. Allerdings war dann doch Schluss und die Punkte gehen nach Messina. Interessant ist, dass auch hier auf Sizilien der heilige Kral und die Allzweckwaffe des Amateurfußballs zum Einsatz kommt, das Eisspray. Auf der anderen Straßenseite findet man übrigens eine Bar, die in der Pause keine Langeweile aufkommen lässt.



Am Sonntag führte uns der Weg zur archäologischen Fundstätte Selinunt, wo man unter anderem einen Tempel aus der Antike bewundern kann, bevor es weiter nach Palermo ging. Hier stand das Serie A Spiel gegen Milan an, aber daraus wurde nichts. Zum Einen war ich daran selbst Schuld, da ich die Kartenfrage nicht im Voraus geklärt hab und das Problem auch einfach nicht ernst genug genommen habe. Klassischer Anfänger Fehler kann man wohl sagen. Andererseits ist es natürlich dämlich, dass man am Stadion keine Karten verkauft und in der gesamten Stadt knapp drei Stunden vor Spielbeginn ebenfalls keine Tickets mehr zu bekommen sind (zumindest an einem Sonntag Mittag), wenn das Stadion nicht mal zur Hälfte ausverkauft ist. Bisher hatte ich damit auch nie Probleme in Italien. Es gab zwar die Möglichkeit auf dem Schwarzmarkt zuzuschlagen, aber am Eingang wurden nahezu zu 100% Karte und Ausweis abgeglichen und für die mögliche Arschkarte wären die beiden Tickets zu teuer gewesen. Aktuell liegt Palermo auf Platz 19 und ich wünsche dem schwulen, rosa farbenen Haufen von Herzen den Abstieg. Der Ärger und die Enttäuschung waren zu groß um eine Alternative zu suchen, die in diesem Fall sowieso keine gewesen wäre. Daher ging es in die Altstadt und die Kathedrale von Palermo ist auch ein absolut beeindruckender und sehenswerter Bau. Ansonsten gibt es noch zwei, drei nette Gebäude und einen Park, aber insgesamt ist die Stadt doch eher ein dreckiges Loch.



Am letzten Tag wurde ein Stopp an der "Kathedrale Santa Maria Nuova" in Monreale eingelegt. Ich interessiere mich normalerweise nicht besonders für das innere von Kirchen, aber diese ist schon beeindruckend. Aus größtenteils goldenen Mosaiken sind hier "Bilder" zusammengesetzt, die den kompletten oberen Teil ausfüllen. Danach gab es in einer Trattoria nochmal richtig gute Antipasti Siciliani und dann drückte die Zeit auch gewaltig. Tanken, Mietwagen abgeben und über Roma zurück ins kalte Düsseldorf.



Unterm Strich war es ein toller, wenn auch ziemlich stressiger Urlaub mit der Etna Wanderung als Höhepunkt. Mit 20 - 25 Grad im November bei herrlichem Sonnenschein war das Ziel perfekt gewählt und das Auto fahren klappte auch viel besser als befürchtet, bis auf wenige Ausnahmen ist das echt locker und der Wagen blieb heil. An diese extreme Lahmarschigkeit, die hier überall herrscht kann ich mich aber nicht gewöhnen. La dolce vita ist ja schön und gut, aber nicht 24 Stunden am Tag und beim Arbeiten. Italiener und deutsche unterscheiden sich da ja grundlegend, aber die Sizilianer sind in Italien scheinbar das was in Deutschland die Beamten sind. Fußball technisch wollte ich drei der vier größten/bekanntesten Stadien Siziliens besuchen und am Ende wurde es nur eins davon. Das ist natürlich für'n Arsch, aber scheiß drauf. Weiter, immer weiter.

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