Aus Zeitdruck ließ ich mich von einem Zigeuner der Taxi Mafia abziehen, um pünktlich zum Ground zu kommen. Warum gibt es unter Taxi Fahrern eigentlich nur Verbrecher? Der Stadtteil Aerodrom liegt nicht etwa am Flughafen, sondern bezieht sich auf einen ehemaligen Militär-Flugplatz in der Stadt. Die mazedonische 3. Liga Nord empfing mich mit ner abgeranzten Stahlrohrtribüne und dem mit Abstand schlechtesten Acker, auf dem ich jemals ein Fußballspiel gesehen habe. Heftig. Eine Kuh würde zur Gewerkschaft rennen, wenn sie auf so einem Acker grasen müsste. Das Spiel war natürlich keine Augenweide, aber auch nicht so schlecht wie befürchtet. Die albanischen Gäste waren Tabellenführer und retteten den Punkt beim 11. von 14 Mannschaften nach Platzverweisen mit acht Feldspielern ins Ziel. Das Länderpunkt Bier gab es vom Supermarkt um die Ecke. Den Besuch dieser grandiosen Veranstaltung kann man wirklich keinem außerhalb der Fußballverrückten Gemeinde erklären. Richtig gut.
Zurück ging es die 6km ins Zentrum zu Fuß. Mit einem Umweg über die Eastside Mall, wo ich mir im Ticketshop den Ausverkauf des morgigen Spiels bestätigen ließ. Das schien aber egal, da der Himmel nach einer Invasion der Außerirdischen aussah. Nachdem ALF und seine Kollegen sich entschieden weiter zu ziehen, gab es neben etwas Sightseeing noch ein Essen samt frisch Gezapften. Dann war ich platt und der Tag schon relativ früh zu Ende.
Dafür ging es am nächsten Tag recht früh los. Vom Stadtzentrum über die Steinbrücke und den Vardar in die Altstadt und auf die Festung Kale. Die Festungsruine kann man kostenlos besichtigen und den Blick über die Stadt und den Ort der Begierde genießen. Wobei der Smog die Sicht durch die Kessellage schon ordentlich beeinträchtigt. Neben Moscheen, dem Basar und Denkmälern gibt es in den engen Gassen auch viele Restaurants und ne Portion Kebab war jetzt genau das Richtige. Die Old Town Brewery hatte leider nicht wie angegeben vier Biere, sondern nur das Pils im Angebot. Traurig. Trotz der Monkeys, die das Pub stürmten, blieb man hier aber bei seinen eigentlichen Preisen. Das sollte in anderen Lokalitäten auf dieser Seite des Vardar später noch ganz anders werden. Erstmal ging es aber wieder über den Fluss und vorbei an Kirchen und unzähligen Denkmälern zum Stadion um noch mal erfolglos die Kartensituation zu checken. Nach einem altersgerechten Mittagsschläfchen und der Verabschiedung des Kebabs ging es nochmal auf ein oder zwei Getränke in die Altstadt. Hier war jetzt jede Kneipe von Tommys belagert und die Barmädels und Besitzer witterten ihre Chance auf das große Geschäft. Verarschen und betrügen lass ich mich aber ungern, also wieder vom albanisch/türkischen Teil rüber in den mazedonischen Teil der Stadt. Hier ging es trotz der Invasion der Inselaffen ehrlich zu. Rund zwei Stunden vor Anpfiff war es an der Zeit auf die Jagd zu gehen. Die aufgerufenen Preise von 100-150€ waren bei 9€ regulärem Preis aber völlig utopisch. Es suchten allerdings ziemlich viele Leute Tickets und das Angebot war nicht zu üppig. Manche hatten Glück mit fairen Preisen, andere gingen komplett leer aus. Die Zeit läuft in solchen Fällen zeitgleich für und gegen einen. Die wenigen noch sichtbaren Ticket-Mokel blieben aber stur bei ihren 100€ Forderungen, weshalb ich letztendlich bei meiner obersten Schmerzgrenze von immer noch viel zu teuren 50€ zuschlug. Lacht mich aus oder schüttelt mit dem Kopf, ich wollte pünktlich drin sein und neue Flüge sind schließlich teurer.
Drei Minuten vor Spielbeginn war ich auf meinem Platz. Naja fast. Die Plätze waren nämlich alle belegt und die Leute saßen schon auf den Treppen und standen in den Mundlöchern. Ich war drin und das ist die Hauptsache, denn das schicke Teil war nun mal der Grund der Reise. Das ist tatsächlich ein Ground, bei dem ich die fehlenden Flutlichtmasten nicht vermisse und wo die Laufbahn nur bedingt stört. Schönes Stadion, gefällt mir. Ich bin aber Deutscher und da geht es nicht ohne aber und meckern. Aber es fehlen schon etwas die Ecken und Kanten, die einen "Ground-Forscher" immer wieder was neues entdecken lassen. So musste man sich auf das Spiel beschränken und normal würde ich jetzt sagen, dass die beiden Mannschaften das Fußballspielen nicht erfunden haben, aber das stimmt in diesem Fall ja nur bedingt. Zumindest sind die Nationen aber nicht für Zauberfußball bekannt. Da es nur alkoholfreies Heineken gab, konnte man es sich auch nicht schön saufen. Der mazedonische Fußballverband heißt FFM und damit waren meine Sympathien klar. Die Gäste hatten den Gruppensieg vor Italien bereits sicher und die Hausherren standen fix auf dem vierten Platz hinter der Ukraine und vor Malta. Da es um nichts mehr ging, kam das ausverkaufte Stadion überraschend. England agierte ähnlich wie die Eintracht zu Saisonbeginn. Spielbestimmend, im Abschluss aber zu schwach und harmlos. Kurz vor der Pause fiel ein Mazedonier im 16er und forderte Strafstoß. Das sind also nicht alles Bäume und Kämpfer wie Vasoski dachte ich mir. Dann meldete sich der VAR und der Schiedsrichter gab den Elfmeter. Okay, dann durftest du wohl fallen. Den Strafstoß konnte der Keeper parieren, den Nachschuss des selben Schützen aber nicht. 1:0. Pause. Ein 7:0 wie im Hinspiel sollte es für die Three Lions also nicht geben. In der Pause wanderte ich nach oben und siehe da, in der letzten Reihe fand ich noch einen Platz mit bester Aussicht. Die Stimmung war übrigens enttäuschend. Die Mazedonier waren zwar nah am Spiel wie man so schön sagt, was man am Szenenapplaus uns so merkte, aber das war es dann. Da hab ich aber auch nicht viel erwartet. Negativ überrascht war ich von den Engländern, die scheinbar ihre Sangesfreudigkeit bei Länderspielen verloren haben. Die zweite Hälfte war kaum angepfiffen, da zappelte der Ball im Netz der Mazedonier. Es meldete sich aber wieder der VAR und entschied auf Abseits. Mittlerweile war es übrigens arschkalt. In der 58. Spielminute gab es einen Eckball für England und es wurde ein gewisser Harry Kane eingewechselt. In der 59. Spielminute trifft dieser Kane nach dieser Ecke zum 1:1. So gab es zumindest der Stadionsprecher durch. Scheinbar nötigte er seinen Gegenspieler aber nur zum Eigentor. Natürlich war das verdient, aber auch sinnbildlich fürs Spiel, dass die höflichen Briten nicht selbst trafen. Nach dem Tor waren die Tommys mal kurz gut drauf und sorgten für etwas Stimmung. Wenn es doch wenigstens mal fünf Minuten gewesen wären. In der Schlussphase kam plötzlich ein sehr lauter Macedonia Wechselgesang aus dem Nichts und dann gingen die Taschenlampen der Smartphones an. Gut, aber auch das war in weniger als fünf Minuten vorbei. Schlechte Stimmung ist besonders ärgerlich wenn beidseitig Potential besteht, aber da machste nix. Vom Hocker gehauen hat mich keines der wenigen Länderspiele bisher.
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