Freitag, 28. September 2018

Rapid und Dinamo Bukarest

Aus familiären Gründen hab ich ne dreiwöchige Fußballpause eingelegt. Da tat mir persönlich die Maßnahme der F*CK UEFA im Endeffekt gar nicht so weh und Urlaub hätte ich für Marseille auch nicht bekommen. Jetzt hatte ich diese Woche zwar Urlaub, aber sämtliche Planungen wurden erstmal auf Eis gelegt. Dank einer halbwegs positiven Entwicklung konnte aber kurzfristig noch was gemacht werden. Eine Bierkur mit Sport in Bayreuth war der erste Plan. Die günstige Kombi Frankfurt- Madrid- Marseille- Frankfurt (mit Spielen von Atletico und Olympique) hätte diesen Plan beinahe abgelöst. Allerdings hatte ich den Wunsch und Anspruch, dieses Jahr noch nen Länderpunkt zu machen, also suchte ich weiter und wurde fündig. Preislich musste die Schmerzgrenze zwar etwas überstrapaziert werden, aber mir war es in diesem Fall einfach mal scheißegal! An den meisten Flughäfen kann man problemlos von Terminal zu Terminal latschen, am FRA sind das aber Lichtjahre und ohne die Hilfe der ESA läuft da gar nix. Da Pünktlichkeit meinerseits eine ähnliche Stärke wie Ausdauersport ist, wurde es knapp. Die Unmengen an Kinderwagen vorm Gate kamen mir aber zugute. Allerdings weiß natürlich jeder, dass Kinderwagen Krach machen. Die Stewardess der rumänischen Staats-Airline -die so natürlich war wie RB Leipzig- brachte mir mit „Ursus" ein neues Gebräu für die App und von dort an fühlte es sich an wie Urlaub. Beim einkippen in den Becher stellte ich mich zwar an wie der erste Mensch, aber zumindest konnte ich nach der Schaumparty sicher sein, kein Kölsch oder Ale Gesöff vor mir zu haben. Bei der Landung im zweit ärmsten Land der EU war mir kurz etwas mulmig und ich fragte mich, ob Käpt‘n Blaubär am Steuer zuerst die Flitsch uffsetzt oder von der Bahn schlingert. Aber okay, einige von uns hätten es vielleicht auch nicht besser hinbekommen. Bus, Hotel, Laufen, Metro, Laufen, Stadion. Eine Stadt zum verlieben ist das bisher nicht.


27.09.18 18:45 FC Rapid Bucuresti - AFC Turris-Oltul Turnu Magurele 0:2, Stadionul Giulesti, Cupa Romaniei, 3.500 Zuschauer

Rapid Bukarest, Verein der Eisenbahner und die dritte Kraft der Stadt. Nach dem finanziellen Aus gibt es aktuell zwei Teams, die unter dem Namen Rapid antreten. Dieses in Liga 3 und das andere eine Liga tiefer. Wer der offizielle Nachfolger ist kann ich nicht sagen, aber es ist ein Beispiel dafür, wie kaputt der Fußball ist. Das Aus kam nämlich nicht von ungefähr, sondern es hatte ein ach so toller Investor die Finger im Spiel. Beim Einlaufen der Mannschaften war die Kurve nicht gut gefüllt, der Zaun leer und außer zwei Trommeln und zwei Fahnen deutete nichts auf eine aktive Szene hin. Also in etwa das, was ich im 1/16 Finale des Pokals gegen diesen No-Name Gegner (ebenfalls aus der dritten Liga) erwartet habe. Ein melodisches „Allez Rapid, allez" leitete das Spiel ein und wirklich jeder, der in der Kurve stand machte mit. Diese füllte sich auch noch deutlich. Es wurden Banner aufgehängt, Fahnen zusammengebaut und nach fünf Minuten sah die Kurve aus wie ausgetauscht. Natürlich war das nix, was man nicht schon oft gesehen hat, aber ich war positiv überrascht und die Gesänge hallten durchgängig und teilweise verdammt laut gen Himmel. Dieser Abendhimmel sorgte auch für ordentlich Flutlicht-Porn. Zusammen mit dem schön verranzten Stadion war das ein vernünftiger Rahmen zu LP 40. Auch zur zweiten Hälfte legten die Jungs etwas verspätet los und was sie dann zeigten, lässt das Herz auch im Nachhinein noch höher schlagen. Da wurde wirklich alles gezündet, was im Pyrotechnik Sortiment vorkommt. Für diese Aktion wurden sie vom ganzen Stadion gefeiert, ebenfalls schön zu sehen. Es wurde auch alles denkbare im Innenraum entsorgt, was nach Protest aussah. Trotz der Flammen zog ich mir nun die Jacke zu, in der Kurve zogen aber immer mehr Leute blank und auch ohne offenes Feuer ging das Feuerwerk munter weiter. Ich will jetzt sicher keine Vergleiche zu großen Szenen ziehen, denn das wäre nicht zutreffend, aber in ihrem Rahmen war das einfach Bombe. Chapeau, Weinrot-Weiß. Einem Feuerwerk glich das gebotene auf dem Rasen nicht, aber man erkannte welche Sportart man sich anguckte. Das ist ja nicht immer der Fall. Der Parteiische machte sich mit seiner Leistung im zweiten Durchgang nicht beliebt beim Publikum und es wurde von allen Seiten ordentlich gepöbelt. Leider fiel eine Viertelstunde vor Schluss das 0:1. Rapid drängte aber auf den Ausgleich und die Zuschauer nahmen das wohlwollend zur Kenntnis und das ganze Stadion war nun da. Keiner machte Anstalten früher abzuhauen, aber zum Ende der regulären Spielzeit führte ein Konter zum 0:2 und das Ding war durch.






Entweder gibt es in Bukarest keine kleinen Männer, oder es hat sich noch nicht rumgesprochen, dass der Donnerstag der Freitag des kleinen Mannes ist. Die Stadt war nämlich ziemlich tot und abends um Neun noch was zum Futtern zu finden war gar nicht so einfach. Blumen gab es aber noch an jedem größeren Platz zu kaufen, man muss eben Prioritäten setzen.


Die erste Amtshandlung unter freiem Himmel war an diesem sonnigen Freitag die Beschaffung einer Eintrittskarte für den Abend, um nicht anstehen zu müssen. Danach sollte die Stadt ihre Chance bekommen, mich von ihrer Schönheit zu überzeugen. Am besten geht das meiner Meinung nach zu Fuß und ohne zu genauen Plan. Es gibt durchaus ein paar nette und beeindruckende Gebäude und Plätze, aber vom Hocker haut einen das nicht. Ich will Bukarest nicht mit irgendwelchen Touri Hochburgen vergleichen, aber Städte wie Sofia oder Belgrad haben für mich deutlich mehr Charme. Der Piața Unirii, ein großer Platz im Zentrum, mit dem dazugehörigen Park gefiel mir mit am Besten. Zwar ist das keine klassische Sehenswürdigkeit, aber hier ist das Leben spürbar. Was man positiv erwähnen muss, ist die große Auswahl an Biersorten überall. Auch wenn fast alles gleich schmeckt, muss man ja bei Untappd voran kommen.



28.09.18 17:00 AFC Comprest GIM - AFCS Real Crangasi 2:0, Stadionul ANEFS, LIGA 4 Asociatia Municipala de Fotbal Bucuresti, 64 Zuschauer

Zur Auswahl stand neben diesem Spiel auch der Kick von CSO Bragadiru eine Liga höher, aber zum Glück fiel die Entscheidung für das bessere Stadion und gegen die höhere Liga, denn das alternativ Spiel wurde aus mir unbekannten Gründen abgesagt. Ursprünglich war es das Stadion von Rocar Bucuresti, weshalb es unter dem Namen Stadionul Rocar bekannt ist, aber nach der Auflösung des Vereins kicken hier scheinbar mehrere Amateurvereine. So geil man diese Gammel Grounds auch findet, sie haben natürlich auch ihre Nachteile, denn in Löcher zu kacken ist dort quasi selbstverständlich und kommt mir bitte nicht mit „natürliche Stellung" oder so. Es war auch mal ganz natürlich Mammuts zu jagen und soweit ich weiß machen das nur noch die Wenigsten. Trotzdem kann das Leben schön sein, in etwa so wie die Linienrichterin. Mal abgesehen davon, dass ich vergeben bin, wäre sie aber trotzdem keine Frau für mich. In hiesigen Gefilden ist es nicht unwahrscheinlich, dass sie Vogelkörner frisst - ein No-Go! Team Gelb war klar besser, aber im Amateurfußball gibt es das gleiche Problem, wie bei den Millionären. Die Stürmer vermasseln im Vergleich zu früher deutlich mehr Abschlüsse. Vor der Pause hat sich Rot zwar gefangen, aber ich würde von nem verdienten Sieg sprechen. Wenn man alleine unterwegs ist, kann sich so ein Schimmel Kick echt in die Länge ziehen. In etwa so wie die Erfolglosigkeit der Kickers. Nach einem Marsch, ein paar Stationen mit der Metro und einem weiteren Marsch stand ich wieder vorm Dinamo Stadion.






28.09.18 21:00 FC Dinamo Bucuresti - ACS Sepsi OSK Sfantu Gheorghe 0:0, Stadionul Dinamo, Liga 1, 1.200 Zuschauer

Dinamo ist, was die Erfolge angeht, die Nummer 2 in Rumänien. Auch hier gab es einen Investor, verbunden mit einer Insolvenz. Man muss dieses Geschäft einfach lieben. Es gibt es ebenfalls einen Verein namens Dinamo in der vierten Liga. Da man trotz Insolvenz in der ersten Liga gehalten wurde, gehe ich davon aus, dass das zweite Dinamo eine Art Fanverein ist, allerdings ist das nur eine Vermutung. Das geringe Zuschauerinteresse würde zwar dafür sprechen, aber die aktive Szene gibt es schon noch mehr oder weniger. Die Kurve "Peluza Catalin Hildan" wurde nach dem ehemaligen Kapitän benannt, der bei einem Spiel von Dinamo einen Herzstillstand erlitt. Banner hingen zwar, aber neben einer einzigen Fahne gab es nur zweimal ne Fackel zu sehen, was nicht mal genug war, um die Kamera zu zücken. Zwar zieht die Kurve beim akustischen Support an einem Strang, geschlossen zusammen stehen die einzelnen Gruppen aber nicht. In der anderen Kurve standen noch rund zwei Dutzend Gestalten hinter drei Bannern und schauten schweigend das Spiel. Vielleicht hab ich nach gestern zu viel erwartet, aber das war gar nix. Die paar Gäste mit ihren drei Fahnen -von denen Zwei fast durchgängig gewedelt wurden- und ein paar Bannern waren in etwa das, was ich von diesem unbekannten Verein erwartet hab. Zu hören waren sie auch mehr oder weniger durchgängig, aber groß melodisch oder irgendwie besonders war das nicht. Zwar hatten sie ne Trommel im Gepäck und nen „Capo", nach Ultra‘ sah mir das aber nicht aus. Der Star war das Stadion, das eigentlich schon seit Ewigkeiten abgerissen werden sollte. Aber selbst hiervon war ich nicht mehr ganz so begeistert wie heute Mittag, denn es ist doch sehr flach und zu weitläufig. Selbstverständlich war das Spiel auch kein Highlight und endete torlos. Die Zeiten von Gheorghe Hagi und Konsorten sind eben einfach vorbei. Zu viel Sahne macht aber dick, es muss auch mal Schonkost genügen.








Beim letzten Bier im Hotel hatte ich für heute 18,5 km in den Beinen und die Waden machten deutlich, dass das genug für einen Leistungssportler wie mich ist. Aufstehen ist auch eine Sache, die mir gar nicht liegt und so war ich um fünf Uhr nachts wenig fit, als ich zum Bus stiefelte. Irgendwatt is ja immer, aber dafür bin ich nicht ausgeraubt oder von Hunden zerfleischt worden - is ja auch was. Aber im Ernst, ich hab mich zu keiner Zeit auch nur ansatzweise unsicher gefühlt und nicht einen streunenden Köter gesehen. Das Buch der Horrorgeschichten kann also zugeklappt werden.

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